Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erhält vor den abschließenden Beratungen der Bundesregierung über den Haushalt für das Jahr 2017 die Unterstützung der Bundeskanzlerin. Deutschland müsse seine Verteidigungsausgaben erheblich erhöhen, sagte Angela Merkel auf dem Wirtschaftstag der CDU.
Als Begründung führte Merkel an, dass die Europäische Union derzeit nicht in der Lage sei, sich allein gegen die Bedrohungen von außen zu verteidigen. Deshalb sei es gut, in der Nato verankert zu sein. „Ganz gewiss heißt dies auch, dass ein Land wie Deutschland, das heute 1,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgibt, und die Vereinigten Staaten, die 3,4 Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben, sich werden annähern müssen“, mahnte die Kanzlerin. „Es wird auf Dauer nicht gut gehen, dass wir sagen, wir hoffen und warten darauf, dass andere für uns die Verteidigungsleistungen tragen.“
Zwar hatte das Bundeskabinett bereits Ende März im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung beschlossen, dass der Verteidigungsetat in den kommenden vier Jahren um durchschnittlich rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr steigen soll. Das klingt nach einem stolzen Betrag. Allerdings hat von der Leyen ausrechnen lassen, dass in den nächsten 15 Jahren 130 Milliarden Euro allein in die Modernisierung der Ausrüstung gesteckt werden müssten. Das wären also rund vier Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr.
Aus Trendwende könnte Rohrkrepierer werden
Tatsächlich sieht die mittelfristige Finanzplanung aber vor, dass aus dem Topf für „Mehrbedarf bei militärischen Beschaffungen“ nicht nur die Ausrüstung bezahlt werden soll, sondern auch die Wehrforschung und die Kosten für „Personal/Versorgung“. Allein die Besoldungserhöhung für Soldaten und zivile Mitarbeiter wird im kommenden Jahr rund 670 Millionen Euro verschlingen.
Sollte diese Summe tatsächlich aus dem Wehretat finanziert werden müssen, droht aus von der Leyens vollmundig angekündigter „Trendwende“ in der materiellen Ausstattung der Truppe ein Rohrkrepierer zu werden: Statt der laut Ministerium notwendigen vier Milliarden im Schnitt blieben dann deutlich weniger als zwei Milliarden Euro für die Ausrüstung übrig.
Wenn überhaupt. Denn nach Berechnungen des Haushaltsexperten Tobias Lindner (Grüne) gab es bereits im Jahr 2015 „riesige Lücken bei der Finanzierung der Personalausgaben“. Die entsprechenden Titel des Einzelplans 14 seien deutlich zu gering veranschlagt gewesen, sodass von der Leyen auf Minderabflüsse aus anderen Ausgabenbereichen habe zurückgreifen müssen.
„Das ist grobes Missmanagment“
Laut Lindner zweigte das Wehrressort fast eine Milliarde Euro aus anderen Titeln ab, um seine Soldaten und zivilen Beschäftigten bezahlen zu können. So seien 151 Millionen Euro nicht wie geplant für Beschaffungen ausgegeben worden, sondern für Beihilfezahlungen, Entgelte und Trennungsgeld. Minderausgaben für Betriebsstoff der Bundeswehr (50 Millionen Euro), der Entwicklung des Kampfjets Eurofighter (50 Millionen), den Beiträgen zur Nutzung von Nato-Anlagen (26 Millionen) und dem Betrieb der Fahrzeuge des Flottenmanagements (26 Millionen) seien ebenfalls genutzt worden, um Personaltitel zu verstärken. Insgesamt, so Lindner, habe von der Leyen mit 482 Millionen Euro, die eigentlich für Materialbeschaffungen eingeplant waren, Löcher in anderen Feldern gestopft.
„Das hat mit Haushaltsklarheit und -wahrheit nichts mehr zu tun. Das ist grobes Missmanagement“, findet Lindner. Der Grünen-Abgeordnete hält die Ankündigungen der Ministerin, ab dem kommenden Jahr 7000 neue Stellen für Soldaten und 4400 Stellen für zivile Mitarbeiter schaffen zu wollen, vor diesem Hintergrund für „reines Wunschdenken, wenn man sieht, dass bereits jetzt bei den Personalausgaben eine Lücke von mehreren Hundert Millionen Euro besteht“.
Anfang Juli wird das Kabinett über den Haushalt für 2017 entscheiden. Daran wird sich ablesen lassen, wie ernst es Merkel und von der Leyen mit der Erhöhung des Wehretats meinen. Zur Erinnerung: In der Nato hat sich Deutschland darauf verpflichtet, die Verteidigungsausgaben in den nächsten zehn Jahren auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Dafür müsste die Regierung den Wehretat auf mehr als 60 Milliarden Euro aufstocken. Derzeit liegt er bei 34,3 Milliarden Euro.